10.
Mär
2017

12
min

Unternehmer

"Unternehmer" ist eine Kurzgeschichte von Alexij Lisnjak, eines russischen Priesters und Schriftstellers.

Jemand, der sparsam und häuslich ist, wird auf dem Dorf hoch geschätzt, und ein solcher wird deshalb unbedingt immer mit Namen und Vatersnamen angesprochen. Mit welchen Bezeichnungen man solche Mannsbilder aber hinter ihrem Rücken bedenkt, das hängt dann schon direkt vom literarischen Talent der Leute ab.

Iwan Sergejewitsch nannte man hinter seinem Rücken einen Knauser. Von Angesicht zu Angesicht jedoch verhielt man sich zu ihm überaus respektvoll: Iwan Sergew – so klangen Name und Vatersname im hiesigen Dialekt.

Zu Sowjetzeiten arbeitete er, ganz wie alle seine Dorfnachbarn, in der Fabrik in der Kreisstadt; er war dort Schlosser. Seine Nachbarn gingen nach erhaltenem Lohn feiern, nicht aber Iwan Sergew. Er eilte nach Hause, und dabei nahm er auf Arbeit immer etwas mit; er sagte, es sei unnützer Müll – zwei-drei Elektroden, eine Drahtrolle, eine Rohrzange, oder eine Mutter – solche Dinge eben. „Im Haushalt kann man alles gebrauchen, warum sollte das gute Zeug dort verrosten.“ Als es für ihn an der Zeit war, in Rente zu gehen, barsten sein Dachboden und sein Schuppen geradezu von all diesem »guten Zeug«. Seine betagten Kollegen widmeten sich mit fortschreitendem Alter alle wie einer der Angelei, Iwan Sergew aber litt nicht an solchem Kinderkram: Er schweißte den Leuten auf den Höfen Heizkessel und montierte Heizanlagen. Er erledigte seine Arbeit ohne Hast, geradezu andächtig, als zelebriere er eine sakrale Handlung. Wenn er den Hausherren die erledigte Arbeit übergab, verbeugte er sich, zählte sein Honorar dreimal durch und steckte es in ein besonderes Säckchen, das ihm unter seiner Kleidung um den Hals hing. Zum Abschied wünschte er den Hausherren langes Leben und Wohlstand. Es kam auch vor, dass man ihn darum bat, auf Kredit zu arbeiten; das lehnte er nicht ab, aber danach besuchte er seine Schuldner jeden Abend. Wie zufällig. Kommt vorbei, steht da und raucht, wie man das unter Nachbarn tut, sagt etwas über das Wetter, setzt sich beim Vorgartentor zu den Hausherren auf die Bank und ächzt herum. So kam er immer wieder, bis es dem Schuldner von diesen Besuchen zu bunt wurde. Der Unglückliche würde sich Geld leihen, aus seiner Haut fahren, alles anstellen, nur, um mit dem Knauser reinen Tisch zu machen.

Die selbstgebauten Heizkessel kochten bereits im ersten Winter über, blähten sich auf, und die Heizungen wurden schnell undicht, so dass es aus ihnen tropfte. Dann verdingte sich der alternde Iwan Sergew damit, diese Dinge wieder zu reparieren. Andere Fachleute seiner Branche gab es in dem Dorf ohnehin nicht.

Er lebte zusammen mit seiner Tochter und seinem Enkel. Als der Enkel in die Schule kam, beschloss seine Tochter, ihn auch gleich noch bei der Musikschule anzumelden. Als Iwan Sergew erfuhr, welchen Betrag er für die Musikschule seines Enkels zu berappen hätte, erstarrte er erst. Dann aber zählte er irgendetwas durch und erklärte sich damit einverstanden. Einverstanden war er freilich nur unter der Bedingung, dass der Enkel unbedingt das Akkordeon zu spielen erlerne: „Wenn er groß ist, lässt er sich von Hochzeitsgesellschaften anheuern. Ein Akkordeonspieler kann immer etwas Geld abstauben, er kommt immer durch. Und dabei behält er saubere Hände.“ Die Musikschule hat den Enkel aber nicht aufgenommen, weil es ihm an musikalischem Gehör mangelte. Iwan Sergew wurde bewusst, dass sein Enkel keinen Profit einbringen würde, und grämte sich. Doch dann dachte er daran, wieviel von seinem sauer verdienten Geld in die Ausbildung des Enkels hätte fließen müssen, und beruhigte sich wieder. Hätte jemand Iwan Sergew einmal zu einer Hochzeitsfeier eingeladen, dann wüsste er, dass das Gewerbe der Hochzeits-Akkordeonspieler – in den heutigen Zeiten der Computer und Synthesizer – bestimmt schon seit zwanzig Jahren ausgestorben ist.

So lebte also der goldene Schlosser und wurde immer wohlhabender, bis eines unseligen Frühjahrs gelbe Rohrleitungen an den Dorfstraßen entlang verlegt wurden – es kam das Elend namens »Gasversorgung«. Die Heizkessel für Kohle wurden in schieren Massen an Schrotthändler verkauft, und der berühmt-berüchtigte Leibniz der Heizkesselbranche bekam keine Aufträge mehr. Iwan Sergew schob den ganzen Sommer lang Kummer, und es ging so weit, dass er sich irgendwann im Herbst sogar einmal betrank. Am nächsten Morgen hatte er einen schlimmen Kopf und wollte schon seinen Enkel losschicken, dass er ihm ein paar Konterbiere holt, aber dann fiel ihm gerade noch rechtzeitig ein, dass die gestrige Flasche Schnaps schon genug gekostet hatte. Mit dem Geld aber war es gerade sehr schlimm bestellt...

Eines Abends saß er missmutig auf einer Bank bei seinem Hof. Es kroch Qualm durch das Dorf: nach der Kartoffelernte verbrannten die Nachbarn das Kartoffelkraut. Die Tochter war immerzu auf Arbeit, der Enkel lungerte irgendwo herum. Iwan Sergew betrachtete sich den septemberlichen, kühler werdenden Sonnenuntergang, rauchte und seufzte. Von einem fernen Feld hörte man das Grummeln eines Traktors; die pflügen wohl, dachte er bei sich. Ein zugereister Farmer erschloss sich die hiesigen verworfenen Nutzflächen. Da kam ein Radler neben dem ehemaligen Heizkesselmeister zum Halten; es war der Vetter.

„Grüß dich, Sergew!“

„Dich auch. Willst du weit weg, so im Angesicht der Nacht?“

„Na hier, ich hab‘ gehört, dass sie pflügen. Dachte mir, fährst hin zum Traktoristen; vielleicht kann ich ihn anheuern, dass er mir meinen Acker pflügt. Ich hab doch ganze vierzig Ar. Sonst kamen immer die Kinder aus der Stadt und schwangen den Spaten, nun aber ist‘s damit irgendwie vorbei. »Beschäftigt« sind sie, sagen sie. Jaja.“

„Ist bekannt, sind beschäftigt. Ich würde auch sagen, dass ich beschäftigt bin... Heh, vierzig Ar mit dem Spaten!“

„Du? Na, das ist klar. Und wenn man dir, sagen wir, einen Tausender pro Ar hinblättert?“

„Einen Tausender pro Ar? Du sagst Sachen... wer sollte mir denn einen Tausender pro Ar geben? Du etwa?“

„Dingens... Du weißt wohl nicht, was man heuer dafür zahlt, wenn‘s mit einem Traktor sein soll? Im vorigen Jahr, sagen sie, waren‘s wohl drei Zehner...“

„Keine Ahnung.“

„Na, egal, vielleicht kann ich mich ja irgendwie mit ihm einigen. Weißt du noch, wie das früher ging – für ‘n Kasten? Ist für ihn doch ein Klacks. Ansonsten, meine Fresse: drei Zehner! Der Schwager hat übrigens auch angerufen, ich soll auch für sein Feld anfragen... Na gut. Ich fahre weiter. Mach‘s gut.“

„Alles klar, mach‘s gut. Fahre.“

Der Vetter fuhr von dannen. Iwan Sergew aber ging daran, die drei Zehner mit dessen vierzig Ar zu multiplizieren. Das Ergebnis war nicht gerade das, was für einen Kohleheizkessel heraussprang – ein bisschen wenig. Dann zog er von dem Ergebnis noch die Kosten für Diesel und Materialabnutzungen ab. Das Ergebnis war nun schon ganz und gar dünn. Als er dann aber dieses dünne Ergebnis mit der Anzahl der Äcker erst an seiner Straße, dann der Leninstraße multiplizierte, dann noch die Äcker in der Schiefen Gasse hinzunahm, die in Jerschowka und jene hinter Mutterns Feldschlucht, war er so verblüfft, dass ihm ein erstauntes Pfeifen entwich. Mit zitternden Händen nestelte er nach einer »Prima« und begann zu rauchen.

„Was für Zaster der Traktorist da einsacken wird!“

Die Sonne war untergegangen, der Wind legte sich; der Rauch von den Äckern wurde zum Erdboden niedergedrückt, so dass er in den Augen brannte. Neid pochte ihm von innen an die Rippen. Es tat weh, so sehr pochte er. Im Dämmerlicht quietschte inzwischen der Vetter auf seinem demolierten Fahrrad zu seinem Hof zurück. Iwan Sergew hörte, wie der Vetter irgendjemandem über den Zaun zuwarf, er habe sich nicht mit dem Traktoristen einigen können, wonach er noch etwas Boshaftes über dessen »Schnauze« sagte. Die Tochter kam von der Arbeit heim, der Enkel trottete nach Hause zurück. Iwan Sergew rauchte auf und begab sich in die Hütte. Er aß nichts zum Abendbrot, sondern ging gleich in seine Kammer, hob die Matratze hoch, zog eine Blechdose hervor und zählte lange und eingehend das, was sie enthielt. Nachts warf sich Iwan Sergew hin und her, stöhnte. Er ging einige Male nach draußen, um zu rauchen, stolperte, knallte mit der Tür. Am Morgen, kaum, dass es hell geworden war, sah man Iwan Sergew an der Bushaltestelle, von der aus die Busse in die Kreisstadt fuhren...


Der Altweibersommer wurde so, wie es sich für einen Altweibersommer geziemt. Es gab alles: das Gold der Ahorne auf der Höhe hinter der Feldschlucht, Spinnweben, die einem unentwegt ins Gesicht gerieten, und den Geruch nach Pilzen im bunten Herbstwald. Die Leute verbrachten ihre Kartoffeln in die Keller, verfeuerten auf ihren Feldern das Kraut, und von überallher drang dessen leicht bitterlicher Dunst.

Bei Sonnenuntergang kroch der Vetter heraus auf die Bank, rauchte und grübelte. Gott allein weiß, worüber er grübelte. Das ist eben so, und es ergibt sich von ganz allein: wenn der Herbst freundlich ist, grübelt es sich an den Abenden. Man grübelt darüber, dass das Leben falsch gelaufen ist, dass es ganz andere Wendungen hätte nehmen können... über andere Dinge lässt es sich im Herbst eben nicht grübeln! Die Sonne ging unbemerkt unter. Hinter der Feldschlucht, unter den verlöschenden Wolken, wurde der Wald ringsherum schwarz. Auf dem Feldweg, der sich aus dem Wald in Richtung Dorf wand, sah man ein gelbliches Lichtlein springen. Das Lichtlein kam näher. Tauchte in eine Tiefe hinab und verschwand. Sprang wieder heraus, zitterte. Versank in der Feldschlucht, und als es wieder daraus hervortauchte, konnte der Vetter den Traktor hören: das typische Knattern und Niesen war deutlich wahrzunehmen. Fünf Minuten später fuhr der alte, ramponierte MTZ in die Straße herein, rollte – ihm Hitze und Dieselqualm ins Gesicht blasend – am Vetter vorbei, rasselte lautstark mit dem ausgeklappten Vierfachpflug, kam am Hof des Iwan Sergew zum Stehen, ließ den Pflug fallen und soff ab. Türen hatte der Traktor nicht; Kotflügel und Rückscheibe fehlten ebenso. Im Dämmerlicht schien es dem Vetter, als habe er eine solche Technik bereits einmal gesehen: als seine Enkel zu Besuch waren, zeigten sie ihm nämlich einen Actionfilm über die Apokalypse und einen Aufstand der Maschinen. Aus der Fahrerkabine zeigte sich ein Fuß, der nach dem Trittbrett tastete. Er fand es nicht und verschwand wieder. Anstelle des Fußes erschien nun der Hintern des Iwan Sergew, und dann wieder derselbe Fuß, der unten nach Halt suchte. Der Vetter ging heran, half dem Mann herab, nickte in Richtung der Landmaschine und sagte:

„Was‘n das?“

„Na, was schon! Siehst du doch selbst...“ – Iwan Sergew strahlte.

„Ist das etwa deiner... der?“

„Meiner.“

„Hast gekauft?“

„Hmm... verstehst ja selbst, das ist so eine Sache. Das war ein sehr günstiges Angebot, wäre eine Sünde gewesen, es auszuschlagen. In Ordnung bringen kann ich ihn selbst irgendwie.“

„Eine Sünde, sagst du, wäre es? Na, sicher... und ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie dieses Fabrikat heißt... Dabei ist es die »Sünde«!" – der Vetter stippte mit seinem Finger an den Traktor der Marke »Sünde« und lachte lauthals los.

Die eine verbliebene, demolierte Lampe des Traktors war mit Draht befestigt worden, anstelle des Trittbretts war irgendeine Armatur an die Karosserie geschweißt, etwas tropfte von unter dem Motorblock heraus – die Ölpfütze wurde inzwischen immer größer – und dünne Rinnsale aus Öl, welches aus den porösen Schläuchen trat, benetzten den spiegelblank polierten Schild und die halb abgefressenen Pflugscharen.

Der Vetter begann zu zweifeln:

„Na, ich weiß ja nicht... wie man das wieder in Ordnung bringen sollte. Das Ding ist doch...“ – der Vetter kam nicht zum Ende. Es gab ein lautes Platschen, und heißes, dampfendes Wasser ergoss sich unten aus dem Traktor heraus auf das welke Gras.

„Gut, mal angenommen, du bringst das Ding wieder in Ordnung. Aber sage mir doch: Wozu? Ist dir langweilig?“

„Eh, du hast doch keinen Verstand! Ihr seid es doch, für die ich mich damit mühe.“

„Wie meinst du das?“

„Na, hast du denn Lust darauf, deine vierzig Ar mit dem Spaten umzuwühlen? Hier aber – zack, zack! – und fertig ist der Lack!“

„Ah ja. Versuche doch erst einmal, das Ding anzulassen.“

„Geht gleich los!“ – Iwan Sergew holte ein Drahtseil aus der Fahrerkabine, wand es um die Welle des Anwurfmotors, spannte sich an und zog. Der Anwurfmotor nieste, das Drahtseil wurde dem Traktoristen entrissen, verbrannte ihm dabei die Hände und flog davon, auf das Dach des Hauses. Iwan Sergew wollte schon hochklettern, um es wieder zu holen, sah aber in diesem Augenblick, dass es auf dem Hof bereits fast vollständig finster geworden war. Bei all seinen Gedanken um Erwerb, Wohlstand und Fürsorge hatte er gar nicht bemerkt, wie der kurze, späte Septembertag zu Ende gegangen war.

Der Vetter machte „Na, genau“ und ging nach Hause.

Bald schon erwachte der Mond. Er schaute hinter dem zerstörten Turm des Hochsilos hervor, sah sich um, ob man sich den Menschen denn schon zeigen konnte, erhob sich langsam und begann zu strahlen.

Der Vetter ging drinnen im Zimmer hin und her, lugte hinter den Vorhängen hervor. Im Mondschein erschien ihm der alte MTZ wie ein Mastodon. Er rief seine Alte herbei, dass sie aus dem Fenster sehen möge, und meinte:

„Schau, was unser Knauser für Sachen macht.“

Die Alte erblickte das von grünlichem Mondlicht überflutete Mastodon.

„Was denn das, doch nicht ein Traktor?“

„Ja, der Knauser meint, er will damit pflügen. Heh!“

„Na, ist doch ein Prachtkerl. Du Lottervogel lungerst die ganze Zeit nur herum. Was lungerst du herum, herrje? Der Knauser aber kommt immer an seine Kopeken.“

„Wie meinste denn das? Drei Zehner? Ja, klar, kann schon sein, dass er an die kommt.“

„Das mag wenig sein, aber überschlage es doch mal: von dir Dummkopf drei Zehner, in der Schiefen je drei Zehner, in Jerschowka auch je drei Zehner... oho, oho!“

„Ach, heilige Muttergottes!“ – der Vetter wurde stutzig und wunderte sich. Die Verwunderung war unangenehm; er sackte in sich zusammen. Die Mathematik seiner Alten fiel ihm, einem glimmenden Kohlestück gleich, in den Kragen und kam mitten in seinem Herzen zum Liegen. Und das lag nicht einmal daran, dass er sein ureigenes Geld loswerden würde, sondern es ärgerte ihn, dass der Knauser einen ganzen Haufen davon einheimsen wird. Unternehmerisch ist er ja, dieser Knilch. Oh je...

Als er die Nachrichten einschaltete, bekam er gar nicht mehr mit, was denn nun dort in Syrien los ist: ob sie nun losbomben oder nicht. Etwas Heißes brannte aus seinem Inneren heraus an den Rippen wie ein Senfpflaster. Die Alte schepperte in der Küche, klimperte mit dem Geschirr und begab sich zur Nachtruhe.

Die Lichter draußen gingen aus. Auf der anderen Seite der Feldschlucht war inzwischen auch der letzte schlaflose Köter damit fertig, seine Probleme in die Welt hinauszubellen, und im Dorf wurde es still. Der Mond glitt langsam westwärts. Über der Liege des Vetters tickte die Gewichtsuhr: tick-tack, tick-tack, tick-tack. Der Vetter warf sich auf seinem Lager hin und her, so dass sein geflicktes Bettlaken irgendwann zu einem Haufen zusammengerutscht war, und seufzte:

„Wieviel wird denn der Knauser letztlich einheimsen? Stell dir das mal vor! In der Schiefen, in Jerschowka... und da ist ja auch noch unsere ganze Straße, und auch noch die Leninstraße. Es gibt auch noch Äcker hinter Mutterns Feldschlucht. Ach, heilige Muttergottes! Dieser Bauernschinder! Oh je, oh je!“

Der Vetter ging nachts vor die Tür, rauchte, grübelte. Knallte mit der Tür, knarrte mit den Dielen; davon erwachte die Alte und grummelte herum. Die glimmende Kohle in seinem Herzen war zu einem riesigen, alles auffressenden Lohfeuer geworden, und mit diesem Feuer musste er etwas tun, denn sonst drohte große Not.

Die ganze Nacht über konnte der Vetter nicht schlafen, und kurz vor der Morgendämmerung, als es im Fenster ein ganz klein wenig hell wurde, hatte er sich endlich etwas Heimtückisches ausgedacht.

Es gab kein Zögern. In wenigen Augenblicken dämmerte es, und Iwan Sergew wird zu seinem Mastodon herauskommen. Er wird die Löcher flicken – das war für ihn ja kein Problem – und wird sich wieder an dem Anwurfmotor zu schaffen machen. Bestimmt hat er auch noch Öl vorrätig, er wird seinen Schrotthaufen also auch gleich wieder betanken können. Kaum, dass man sich versieht, wird der Plunder tatsächlich auch anspringen. Und dann...

„Ach, heilige Muttergottes! Gottbewahre!“

Der Vetter zog sich seine Hosen über, schlüpfte in die Galoschen und schritt entschlossen vor die Tür. Er schob sich in den Schuppen und rumpelte, als er im frühmorgendlichen Halbdunkel nach dem passenden Werkzeug für seine Heimtücke suchte, eine Zeitlang darin herum.

„Es gibt kein Zögern! Kein Zögern gibt es jetzt!“

Endlich fand er, wonach er suchte. Mit dem so gewonnenen Werkzeug – einem Spaten – trat der Vetter auf seinen Acker. Er spuckte in die Hände, ergriff den Spaten und trieb ihn in die Furchen. Er ging mit aller Energie daran, seinen Acker umzuwühlen, und sprach dabei:

„Vierzig Ar für drei Zehner? Da hast du, Gierschlund! Einen Dreck wirst du mein ureigenes Geld bekommen! Knauser!“

Die Handflächen brannten, ein Bein wurde taub, aber der Rand seines Ackers schien kaum näher zu kommen. Der Vetter schwitzte, knirschte mit den gelben Zähnen, warf sich wieder und wieder auf den Spaten:

„Kommt dieser Misthund und bietet mir seine Dienste an, und ich ihm, dem Blutsauger, so: da hast du!“

Die Sonne stieg in den Himmel, die Gegend nahm herbstliche Goldtöne an. Irgendwo muhte eine Kuh, irgendwo klirrte die Kette eines Brunnens. Ein neuer Herbstmorgen ergoss sich über das Land. Ein hämisches Grinsen erblühte auf dem unrasierten Gesicht des Vetters. Die Feuersbrunst in seiner Seele besänftigte sich und erlosch.

Zur selben Zeit quälte sich, von Schmerzen im Kreuz gekrümmt, in Jerschowka der Schwager mit dem Spaten durch seinen Acker.



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